Mein Lieber Freund.

Hund – Man wird sie wiedererkennen, die lange Geschichte des Geschehenen: „Ein Experiment hat stattgefunden“... Geschichte machen wie Treppen in den Fels der Zeit meisseln ... Rückblickende Projektionen und Hoffnungen ohne Ende. 

Mach Platz ! und die Ohren sind steif. Doch da draussen bilden sich kreuz und quer andere Banden, durch das Gestell nach einer Lücke rasend.

Bieber – Im Fluss der Dinge einen Platz einrichten. Ganz natürlich und offenbar einen Raum schaffen durch welchen die Dinge anders fliessen: Bedingtes Differenzierungspotenzial. Kein Damm gegen eine Invasion, keine Uebermenschliche Kräfte um den Fluss zu halten und kanalisieren. Ausgewählter Platz und gebauter Aufenthaltsort: ein Ort im Ort – Lassie in Wien. Einer unter anderen, kaum mit der Kategorie des privaten/öffentlichen oder mit der Art von Tätigkeiten zu definieren. Ein paar Leute mit eigenen und gemeinsamen Interessen, eigenen und gemeinsamen Tätigkeiten und Bekannteskreise, treiben ein paar Mitteln auf: einen leeren Laden, Getränkeausschank, Drucksachen. Sie richten einen Zeitplan für sich und andere Leute, meistens Bekannte, ein. In diesem Raum- und Zeitraster werden Dinge und Sachen produziert, die mit noch anderen Leuten zum Austausch gebracht werden. Es entsteht eine Situation, noch besser gesagt eine Arbeitssituation: Eine bestimmte Stelle in einer bedingten Welt wo Teile dieser Welt verarbeitet werden, und weiterhin zu dieser Welt gehören und die sie wiederum bestimmen.

Pferd – arbeitet liebend gern und langweilt sich zu Tode sobald es alleine ist. Wir sind von Ihnen gar nicht so weit entfernt, betrachtet man wo sich die Arbeit befindet. An was wird gearbeitet? An einer Welt, die Welt, Welten: meine, deine, seine, unsere, ihre. Wann, wie? Die ganze Zeit sind wir daran, jeder einzeln und alle zusammen (wohl nicht unbedingt gemeinsam). Jegliche Aktivität, jeder Akt produziert, definiert, öffnet, befestigt, löst Teile einer bestimmte Umwelt deren Umfang mehr oder weniger bewusst berührt wird.

Arbeit richtet Raum und Zeit zum leben ein. Welches Leben wird dann eingerichtet, wie wird es eingerichtet? Man arbeitet liebend gern und langweilt sich zu Tode sobald man alleine ist: Die Erarbeitung einer Welt ist im vorhinein ein einzeln affektierendes und kollektives Ereignis. Aus Liebe und Angst ?! Diese zwei Bestimmungen wären nicht zwei Polarisierung einer Linie, eher zwei Richtlinien die ein Spannungsfeld öffnen wo sich das Einzelne, das Kollektive und das Arbeiten sich gegenseitig definieren.

Löwe – Lassie ist eine Situation die in bedingter Weise Arbeit befreit. Aus der freien Initiative einer Bande gibt es für eine grössere Anzahl von Leuten die Möglichkeit im einzelnen und im kollektiven zu arbeiten. Es bildet sich unter anderen existierenden Welten eine Welt die die Anwesenden/Arbeitenden selbst produzieren. Die entstehende Welt ist keine neue Welt sondern eine koproduzierte Erweiterung der einzelnen importierten Welten die jeder frei und gern mitteilt. Lassie ist keine ideale Situation. Lassie ist eine konkrete Situation die es auch nur gibt weil sie bedingt und begrenzt ist. Lassie ist kein Modell.

Wolf – Was für Spuren hinterlässt das Rudel? Die einzelnen Ereignisse die das Lassie ermöglichte führten zu einzelnen Erfahrungen die jeder mit sich trägt. In diesen einzelnen vollständigen Bildern ist der Umriss einer gemeinsamen Erfahrung kryptiert. Lassie hat es nicht gegeben, oder eher: Lassie ist immer noch, aber anders. Die Begeisterung die einen eine Situation spüren lässt: Kraft, Linien, Bild, unterschiedliche Intensitäten. Für mich genug etwas zu schreiben.

Fledermaus – Nachtwandlerische Situationsbildung ist dem Lassie als Beschreibung vielleicht näher als die klassische Bezeichnung von Projektraum. Weil es kein Projekt gibt, weil es eher Träume gibt die so zu einem kollektiven Ausdruck kommen. Weil jeder der da arbeitet und sich Mühe gibt, auch nur zu Besuch zu kommen, kommt mit einem geheimen Begehren eine bestimmte Freiheit zu finden die Ihn nicht obdachlos hinterlässt.

Ein Vampir lässt einen anderen, der sein nächtliches Blut nicht fand, an seinem Hals beissen damit er überlebt. Was die beide in die Zukunft verbindet.

Lassie – Greil Marcus in Lipstick Traces schrieb die grosse Geschichte der Situationen, wie einzelne Figuren zu Kollektiven-, gar Massentransformationen führten. Eine Mythologie der absoluten Möglichkeit kann uns hier verhindern zu sehen wie spezifisch so eine Situation wie Lassie ist.

Solche Situationen gab es viele, doch nicht vergleichbar, ausser im nachkommenden Versuch sie zu dokumentieren und archivieren. Dennoch ist folgendes absolut bemrekenswert: Die Arbeit die während der geöffnete Zeitspanne geleistet wird (Objekten, Bilder, Performance, Gespräche, Texte) und die Situation selbst definiert, erhält in diesem Kontext ein Status, den man als freie Arbeit definieren könnte. Es gehört denen die arbeiten, mitarbeiten, austauschen, und es scheint unmöglich das geleistete irgendwie zu investieren, ausser sich selbst damit auseinanderzusetzen.

Yves Mettler, 2004
erschienen in Lassie régal, Wien, 2005, 500 ex.